Es gibt zahlreiche Texte, Broschüren und Bücher dazu, was
heutzutage an Überwachungen technisch möglich ist. Sie
beschreiben Wanzen, die staubkorngroß in Ritzen stecken
und die ferngesteuert abgefragt werden können, oder
Kameraobjektive, die stecknadelkopfgroß irgendwo auf der
Lauer liegen. Es gibt sogar schon Objektive, die überhaupt
nicht mehr mit Linsen arbeiten, sondem mit beliebig
tarnbaren lichtempfindlichen Microbauteilen. Es gibt
Peilsender zu kaufen, die über Satellit zu orten sind und den
Observationseinheiten eine Lokalisierung ihres Opfers
erlauben, ohne daß sie ihr Büro dafür verlassen müssen.
Telefone können angerufen werden, ohne daß sie klingeln
oder sich sonstwie bemerkbar machen. Über Laserstrahlen
können Räume aus großer Entfernung abgehört werden.
Computerbildschirme können ebenfalls abgehört werden.
Frei verkäufliche Computerverschlüsselungsprogramme
werden von Geheimdiensten in kürzester Zeit geknackt.
Digitale Telefon-Netze wie das "D-Netz" können
selbstverständlich auch abgehört werden (das Gejammer
der geheimen Behörden über die angebliche Nicht-Abhörbarkeit
betrifft mehr die Frage, wie aufwendig bzw.
teuer dieses Abhören ist). Über schlüsselwortgesteuerte
Computer können tausende von Telefongesprächen ab-
gehört werden.
Eine Schwäche dieser Texte ist, daß sie denen, die sie Iesen,
meist nichts darüber sagen können, welche Mittel wann
und von wem eingesetzt werden. Viele der erwähnten
Techniken sind sehr teuer. Manche sind zwar technisch
machbar, aber in ihrer Entwicklung noch nicht genügend
ausgereift und noch in der Erprobungsphase. Andere
wiederum werden zwar angewandt, aber, "nur' von
Geheimdiensten. Und was der Geheimdienst hat, haben die
Bullen noch lange nicht - schon allein deswegen, weil der
Geheimdienst ja Wert darauf legt, etwas besseres zu sein
als die Bullen. Außerdem gibt es noch Prioritäten.
Heutzutage gibt es eben doch noch einiges, was für Staat
und Kapital bedrohlicher ist als gerade die linksradikale
Opposition und/oder was über die herkömmlichen Methoden
der Überwachung schwerer zu kontrollieren ist. In diesen
Bereich fällt vor allem die staatliche Spionage und
Gegenspionage und die Wirtschaftsspionage. Die
aufwendigen, fiesen technischen Mittel werden im wesentlichen
in diesen zwei Bereichen eingesetzt sowie natürlich im
militärischen Bereich.
Selbstverständlich sind alle technisch möglichen Überwachungsformen
für uns eine potentielie Bedrohung. Alles, was
einmal irgendwo benutzt wird, wird auch wieder eingesetzt
werden. Je billiger und je vertrauter die Behörden damit
werden, desto breitgestreuter wird ihr Einsatz.
Dabei ist auch zu beachten, in welchem Verhältnis der
Einsatz eines technischen Mittels zum Erfolg steht. Wanzen
sind dafür ein gutes Beispiel: Eine Wanze einzusetzen
macht dann einen Sinn, wenn die Observationskräfte eine
relativ klare Vorstellung davon haben, was wo besprochen
wird oder zumindest davon ausgehen, den Ort zu kennen,
an dem interessante Gespräche geführt werden. lmmerhin
müssen sie das Ding erst einmal gut deponieren und sich
dann auch weiterhin darum kümmern, z. B.
Stromversorgung, Aufzeichnung, Auswertung, spätere
Entfernung. Wenn sie davon ausgehen, daß die Zielperson
sowieso zu Hause nicht oder wenig quatscht oder in einem
Haus mit 20 Zimmern lebt, die weit auseinanderliegen,
werden sie sich zweimal überlegen, ob sie sich die Arbeit
mit der Wanze machen sollen.
Wenn irgendwo eine Kamera plaziert werden soll, ist vorher
abzuklären: ist die freie Sicht garantiert? Wie gut sind die
Aufnahmen? Wenn es darum geht, Leute zu porträtieren,
muß eine Teleobjektiv verwendet werden. Damit scheiden
dann die winzigen, getarnten Objektive schon mal aus, es
muß also eine richtige Kamera irgendwie in der Nähe
verborgen werden. Aber ein Kameraobjektiv, das ein
Gesicht erfassen kann, kann ja auch andererseits von der
Person gesehen werden. Wenn es hingegen so weit entfemt
installiert ist, daß es nicht mehr so einfach entdeckt werden
kann, besteht die Gefahr, daß andere Dinge im Weg sind
wie z. B. Bäume, Autos etc.
Es ist darum sicher realistisch, von zwei wahrscheinlichen
Möglichkeiten auszugehen: Zum einen wird es einige wenige
Observationen mit Einsatz aufwendiger technischer Mittel
geben. Das dürfte in den letzten Jahren im wesentlichen
RAF und RZ/Rote Zora betroffen haben.
Zum anderen wird es die Massen der politischen Observationen geben, die mit "konventionellen" Methoden arbeiten, also Beschatten der Zielperson, Abhören des Telefons, Postüberwachung, evtl. Überwachen des Hauseingangs mit einer Kamera.