Tausend Augen

Observation - und was du dagegen tun kannst

Aus Fenstern starren dir sonnenbrillenschwarze Augen nach, wohin du auch gehst... Autos rollen langsam an dir vorbei, drin sitzen zwei junge Typen und visieren dich aus dem Augenwinkel.. vor deiner Haustür parkt seit Tagen ein Auto... im Telefon knistert es plötzlich nicht mehr wie früher, oder jetzt gerade... im Haus gegenüber ist auf dem Balkon seit neuestem eine Satelliten-Antenne angebracht, die genau auf dich zielt... über deiner Straße knattert in diesen Tagen oft ein Hubschrauber... jemand hat nach dir gefragt... jenseits des blauen Sommerhimmels zieht ein Spionagesatellit seine Bahn und fotografiert dich fünzigmal in der Sekunde, während du durch menschenleere Straßen gehst...
Die Jahreszeit heißt PARANOIA.

Alle, die wir uns mit staatsfeindlichen Gedanken und hoffentlich auch Taten beschäftigen, kennen diese Jahreszeit.

Viele von uns haben in den Jahren ihrer politischen Aktivität verschiedene Arten von Repression erlebt: Bullenprügel auf Demos, Ermittlungsverfahren, Prozesse, Durchsuchungen, Knast. Obwohl diese direkt erlebbaren Formen der Repression sich im Laufe der Jahre einigermaßen durchschauen lassen, ist es immer wieder erschreckend, wie wenig kollektiv aus diesen Erfahrungen gelernt wird. So sind immer wieder neue Kampagnen zur Aussageverweigerung nötig, und immer wieder stehen Leute hilflos vor oder schon gar im Dornengestrüpp der Justiz und des Knastapparates, immer wieder scheinen Leute die alten Fehler wiederholen zu müssen. Zwar gibt es stapelweise Papiere zu allen möglichen Formen der Repression, aber es ist eben doch ein großer Unterschied, ob du selbst etwas erlebst oder nur darüber gelesen hast.

Was für die direkten, offenliegenden Erfahrungen mit Repression gilt, gilt erst recht für die geheimeren Formen. Die Linksradikalen wissen vieles über die Apparate ihrer Feinde oder verfügen zumindest über das theoretische Wissen, in der Praxis allerdings wird damit meist eher ungenau umgegangen.
Entweder ist es das subjektive Gefühi der Bedrohung, das das eigene Handeln bestimmt: wird schon nix passieren - was können die schon wollen - ich paß ja auf - ich ja noch nicht ED-behandelt - wer interessiert sich schon für mich - aber auch: ich bin umzingelt, nichts geht mehr - besser, ich fasse gar nichts mehr an - es wird eh alles beobachtet - Orwells "1984" ist längst überholt.
Oder aber es wird versucht, über allgemein aufgestellte Prinzipien die genaue Beurteilung der jeweiligen Situation überflüssig zu machen. Grundsätziich wird nicht mehr in eigenen Räumen geredet, über Telefon schon gar nicht, Schriftliches wird nicht mehr aufgehoben u.s.w.

Dieser Text soll dazu beitragen, etwas Licht ins Dunkel der Observationen zu bringen. Er hat vor allem zwei Anliegen:

Erstens:

Zweitens:

Uns ist dabei klar, daß durch die ausführliche Beschäftigung mit dieser Thematik Paranoia auch erst geschürt werden kann. Die, die diesen Text lesen, soliten deshalb sich stets vor Augen bühren, daß alles, was hier beschrieben wird, an sich eine Ausnahmesituation ist, zu vergleichen vielleicht mit der Situation in einem Flugzeug: Dort werden vor dem Start Hinweise für die Benutzung der Schwimmwesten gegeben, und alle sollten mit dem Umgang damit vertraut sein, aber benutzt werden sie denn doch nur in ganz wenigen Ausnahmefällen. Und kaum jemand wird den ganzen Flug, über dauernd an Schwimmwesten denken.

Wenn wir im folgenden von Observationen schreiben, meinen wir damit gezielte Beobachtungen von Personen; nicht näher gehen wir auf die alltäglichen Schnüffelei ein, die eine Szene gainz allgemein betrifft, wie z. B. Szene- Zeitungen besorgen, Plakate registrieren, sich in einschlägigen Kneipen und auf Versammlungen rumtreiben.

Zuerst ein paar Grundregeln in Sachen Observation: