und über den Tellerrand hinaus

Doch wie haltet ihr, wie hält es die Unterstützerlnnenszene ei gentlich mit uns?Inwieweit entspringt das jetzige Aufbäumen mehr als der Betroffenheit darüber, daß Genosslnnen im Knast sind oder abtauchen mußten?Diese Betroffenheit teilen wir natürlich.Allerdings fällt uns auf daß, soweit wir das verfolgen können, nur sehr selten Papiere auftauchen, in denen über Sinn und Zweck der radikal diskutiert wird.Zuweilen, zumeist in den Ballungszentren ist auch zu hören, "ich lese das Blatt ja seit Jah ren nicht mehr", und im gleichen Atemzug "mit der Repression ist lediglich die Strukutur gemeint und nicht die Zeitung".Ein Widerspruch in sich.

Und was sagst du dazu ?

Klaro, wir sind der BAW weiterhin ein Dorn im Auge, weil sie es nach 1 1 Jahren Verfolgung der illegalen radikal nicht ge schafft haben, uns klein zu kriegen.Nachwievor sorgen wir da für, daß eine für linksradikale Verhältnisse garnicht so beschei dene Anzahl von Zeitungen die BAW hat die Zahl von 5000 verraten verdeckt quer durch die Republik verteilt werden. Würden wir aber anstelle von militanten Angriffen gegen Nazis zum Ringelpiez zum Anfassen aufrufen oder anstelle von anti nationalen Debatten über die Zukunt der Grünen debattieren, würden sich die Zensurbehörden einen Dreck darum kümmern, wie wir die Verteilung der radikal organisieren.

Natürlich ist die BAW-Aktion gegen uns auch ein Angriff auf eine der letzten bundesweiten, verdeckten StrukturenWir sind quasi der "lebende Beweis" dafür, dass es möglich ist, sich un kontrolliert zu vernetzen.Und wir schaffen es trotz der notge drungen klandestinen Arbeitsweise, vielen, die nicht zuin Kern der linksradikalen Szene gehören, einen Platz zu schaffen, an dem auch sie sich in die Struktur einklinken können. Sei es durch das Weitergeben von Zeitungen, sei es, indem sie Artikel schreiben, sei es... Vom Inhalt kann mensch diese Struktur aber nicht trennen.

Im Moment hat die radikale Linke keine Relevanz, entsprechend hält sich auch die Gefahr, die von der Zeitung gegen die herr schenden Verhältnisse ausgeht, in engen Grenzen.Wir haben selber in unserem Flugblatt geschrieben, dass wir nicht über die Repression die Bedeutung der Zeitung höher hängen wollen, als sie real ist.Aber was passiert, wenn morgen Deutschland mit ei genen Truppen im Balkankrieg mitkämpft und übermorgen die Bullen sämtliche (so viele gibt es sowieso nicht) Zeitungsredak tionen stürmen, von denen aus noch zur Kiegsdienstverweige rung aufgerufen wird?Daß die Zensurbehörden auch weiterhin nicht zulassen werden, wenn Erklärungen der militanten Linken einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, hat sie seit dem 13.6. schon zweimal wieder mit Durchsuchungen bei der taz und einmal bei der jungen Welt unter Beweis gesteilt.Beide hatten Erklärungen der Roten Zora und vom K.O.M.I.T.E.E. abge druckt.

Für uns ist klar: Wir machen diese Zeitung nicht als Selbst zweck. Die radikale Linke braucht eine orgainisierte, bundes weite Kommunikationsmöglichkeit, die sich der staatlichen Kontrolle entzieht.Daß dafür eine verdeckte Struktur notwendig ist, haben nicht zuletzt die Bullen und Bundesanwalt Beyer am 13.6. bewiesen.

Wir haben in unserer langjährigen Arbeit, wie viele andere linke Organisationen vor uns, gelernt, nicht darauf zu warten, bis "die Linke" diese Notwendigkeit erkennt und sich aktiv in solche Ar beit einklinkt.Hätten wir das getan, gäbe es die radikal schon lange nicht mehr.Und trotzdem, nun seid ihr alle gefragt.Ge rade jetzt kann es nicht darum gehen, angesichts der heftigen Repression gegen unser Projekt die Kritik unter dem Deckel zu halten.Es gibt einige Stellungnahmen zu den Angriffen, in denen erwähnt wird, daß "wir sicherlich Kritik haben an der ra dikal, aber das kann nichts daran ändern, sich dem Schlag ent gegenzusetzen".Wir haben den Satz schon so oft gelesen, daß wir dahinter einen fast eigentümlichen Abwehr-Reflex vermu ten, "nur nicht mit diesem anachronistischen Verein in einen Topf geworfen zu werden".

Wir bitten alle Kritikerlnnen, formuliert eure Kritik, schreibt uns, veröffentlicht eure Vorstellungen einer unkontrollierbaren Widerstandspresse.Kritik ist der Motor für Veränderung, und ehrlich gesagt lechzen wir danach, das uns andere mal die Mei nung geigen.Die radikal ist keine Zeitung, die nur dazu dient, konsumiert zu werden und sie kann natürlich nicht Diskussionen ersetzen, die woanders nicht geführt werden.Ob und wie die ra dikal längerfristig weitermachen wird, hängt nicht von der BAW und ihren Sokos ab, sondern davon, ob diese Zeitung gebraucht und unterstützt wird.Eine Solidarität, nur durch die Repression zustandegekommen, wird, davon müssen wir ausgehen, späte stens dann zusammenbrechen, wenn der Druck nachläßt. Schließlich geht es darum, "ein linkes Projekt zu verteidigen, das in seiner Organisationsform, seinen inhaltlichen Diskussio nen und der Haltung, militante Aktionen grundsätzlich zu befür worten, keinen Frieden mit diesem System geschlossen hat und versucht, den Kampfl dagegen in Form einer unzensierten Wi derstandspresse mitzutragen" (aus einem Diskussionspapier der Solibewegung)

"Wer macht eigentlich die Radikal?Diejenigen, die Berichte von ihrer letzten Antitfa-Aktion schicken.Oder jene, die mal eben 10 Zeitungen von hier nach dort bringen und in ihrem Freundlnnen-Kreis verteilen, oder vielleicht der, der ein paar dieser Berichte abschreibt und lay-outet, oder die, die dafür sorgt, dass nur ein einziges Exemplar durch die Mauern des Knastes dringt?Vielleicht meint die BAW ja auch die, die wo chenlang diskutieren, um lange Artikel in der radikal zu veröf fentlichen.Oder jene, die tagelang hinter der Druckmaschine stehen?" (aus unserem Flugblatt zu den Durchsuchungen)

Mit dieser Definition von Radikal-Macherlnnen wollten wir verdeutlichen, was eigentlich hinter der BAW-Konstruktion "kriminelie Vereinigung" steckt. Schnell kann jede und jeder zum Mitglied dieser Vereinigung werden, weil er oder sie sich nicht das Maul verbieten lässt und dafür sorgt, daß unliebsame Themen weiterhin geschrieben, gedruckt und verteilt werden. Alle, die eine dieser Aufgaben (wir hätten da noch ne ganze Latte mehr) übernommnen, tragen ein Stück Verantwortung für das Gesammtprojekt radikal.Logo, dass es da Unterschiede gibt. Wie in allen Bereichen des politischen Alltags stecken auch in die radikal die einen mehr, die anderen weniger Energie rein, übernehmen also in unterschiedlicher Intensität Verantwortung Und doch entspricht eine immer weitere Verteilung dieser Ver antwortung auf immer mehr Menschen einer Zielvorstellung, die wir über die Jahre irnmer wieder vor Augen hatten.Auch heute hängt die Zukunft der radikal davon ab, inwieweit mehr Men schen bereit sind, sich dieser Verantwortung zu stellen, wenn sie es ernst meinen mit der Notwendigkeit einer unkontrollierbaren Widerstandspresse.Diskutiert über Sinn und Zweck des Projek tes, überlegt euch wie ihr praktisch daf'ür sorgen könnt, daß die radikal immer mehr Menschen in immer mehr Regionen errei chen kann!

"wir sind eine kleine, radikale Minderheit"