IN EIGENER SACHE

Eine briefliche Reaktion auf das Flugblatt eines unserer alten Zusammenhänge vom März 1998.

Ich war doch sehr froh und auch mehr als gespannt, als ich das Papier vor meinen Augen hielt. Ich muß auch zugeben, daß ich irgendwie nicht mehr so recht an einen Fortbestand des Projektes geglaubt habe, aber trotzdem immer gehofft habe, daß die Aktionen der BAW nicht die völlige Zerschlagung der radikal bedeuten würden.

Nun zu dem Papier:

Ich finde dieses Statement sehr in Ordnung, wenn ich das mal so sagen darf. Allerdings finde ich teilweise die Schärfe eurer Selbstkritik in bezug auf die Fehler der Gesamtstruktur als sehr extrem. Das klingt jetzt wahrscheinlich schlimmer, als es gemeint ist. Daher eine kurze Erläuterung von mir. Grundsätzlich halte ich das Offenlegen und die Diskussion um die offensichtlich gemachten Fehler für richtig. Ich halte auch den sachlichen Stil des Papiers für gelungen. Etwas übertrieben finde ich allerdings die Einschätzung, daß "der Verlauf' der Repression ...zu großer Verunsicherung, Verärgerung und Mißtrauen gegenüber der radikal geführt" hat (S.3). Das mag sicher objektiv auch so sein, jedoch möchte ich an ein Statement von Werner (glaube ich jedenfalls) erinnern, der einmal sagte, wenn man sich in Opposition zu diesem System befindet, so muß man mit den vermeintlichen Konsequenzen leben können. Das heißt auch, wenn ich eine solche Zeitung abonniere, so kann man nicht mit einer Konsumentenhaltung heran gehen, d.h. auch hier muß man die Konsequenzen irgendwie einkalkulieren. Damit möchte ich die beschriebenen Fehler nicht verharmlosen, sofern sie ja auch laut eurer Aussage vermeidbar gewesen wären, jedoch habt ihr ja selbst darauf hingewiesen, daß selbst wir auch nur Menschen sind, deren Handlungen oftmals völlig irrational sind und in ihren teils unbeabsichtigten Folgen auch teilweise unkalkulierbar werden. Sicherlich gebe ich euch irgendwo meine Adresse, jedoch kann mir niemand versichern, daß selbst bei größter Sorgfalt nicht doch etwas daneben gehen kann. Damit möchte ich natürlich niemanden von seiner Verantwortung für die Daten freisprechen, sofern es ja nun wirklich nicht ganz ungefährlich ist, im Besitz dieser Zeitung zu sein. Ich möchte nur darauf verweisen, daß es für alle Beteiligten Risiken gibt, für die Macher sicherlich die Meisten, und das man bestenfalls versuchen muß, diese möglichst gering zu halten. Eine Garantie kann jedoch niemand geben, zu keinem Zeitpunkt und für keine auch noch so sichere Situation!

Ich finde die Kritik an sich und in ihrer Gesamtheit für sehr wichtig, auch wenn sie etwas spät kommt. Aber ihr habt ja die Situation sehr gut beschrieben und daher ist die Verzögerung auch mehr als verständlich. Ich hoffe, daß dieses Papier als eine Art Neuanfang gelten kann, auch wenn ihr euren "Rückzug" angekündigt habt.

Ich möchte auch begründen, warum ich das Projekt radikal für fortsetzenswert halte. Neben den schon fast banalen Aussagen, daß eine radikale Linke "ungestörte" Medien braucht, gibt es für mich den Grund, daß sich die Gesellschaft in ständigen Wandlungsprozessen befindet, und wenn man einigen Soziologen glauben mag sogar die zweite Moderne ins Haus steht, so dafür eine den Verhältnissen gegenüber kritische Bewegung diese Wandlungsprozesse auch in ihre Theorienintegrieren muß, um überhaupt noch Ansatzpunkte für eine Gesellschaftanalyse und für Gedanken an die Zukunft zu haben. Dafür braucht man ein entsprechendes Medium, das dies berücksichtigt, um "jenseits staatlicher Kontrolle informieren und diskutieren zu können". In diesem Sinne kann ich nur hoffen, daß es in absehbarer Zeit und nach Klärung aller Umstände irgendwann einmal weiter geht.

Und da ich meine Konsumentenhaltung auch irgendwie ablegen möchte, wäre ich im Verbund mit 1-2 Leuten aus meinen politischen Zusammenhängen bereit, mich an diesem Projekt in welcher Form auch immer zu beteiligen. Sollte es also irgendwann einmal Überlegungen zur Fortsetzung der radikal geben, so würde ich mich freuen, von den Initiatoren zu hören, um mich dann festlegen zu können.

Ansonsten wünsche ich allen "Alten" eine fruchtbare Diskussion und den von der Repression Betroffenen alles Gute und viel Kraft-

Mit solidarischen Grüßen und hoffentlich bis bald ....

An dieser Stelle sei nochmal dazu aufgefordert uns zu der Stellungnahme eure Meinung zu geigen. Falls wer die Stellungnahme bei sich nicht bekommen kann, der/die wende sich an uns, wir schicken dann eine zu.