Zu unseren Fehlern

Für die Ausführung der Aktion hatten wir uns einen festen Termin gesetzt, dem ein, wie sich herausstellte, äußerst knapp berechneter Zeit- und Arbeitsplan vorausging. Je näher der Tag der Aktion kam, desto deutlicher wurde, daß wir keinen Raum miteingeplant hatten, um neu auftretende Probleme und die latent vorhandenen Ängste der Einzelnen zu thematisieren und kollektiv lösen zu können. Wir verfielen einem Mechanismus, der in unserer Männercombo nicht unbedingt neu war; es wurde von jedem Einzelnen verantwortlich am eigenen Aufgabenbereich gearbeitet und dabei der Blick für das Ganze verloren. Grundsätzlich muß als Fehler benannt werden, daß bei jeder Aktionsplanung und insbesondere bei einer von dieser Dimension immer die Zeit für gemeinsame Zwischenresümees bleiben muß. Aufgrund eines gesteckten Ziels bzw. der Einhaltung eines Zeitplanes darf nicht über die aktuelle Aktion der einzelnen Beteiligten hinweggegangen werden. Bei der in Grünau geplanten Aktion hatten wir baugleiche Zünder wie bei unserem Angriff auf ein Gebäude der Bundeswehr in Bad Freienwalde verwendet, außerdem hatten wir die Warnzettel mit unserem Namen unterschrieben. Dadurch haben wir uns schon vor Beendigung der Tatdurchführung in Zusammenhang mit einer vergangenen Tat gebracht. Viele haben sich sicherlich gefragt, wie wir auf diese Regelverletzung des autonomen Einmaleins gekommen sein könnten. Hier die alles erklärende “Logikkette”:

Zunächst mal hatten wir uns schon lange vor der Grünauplanung auf einen Zündertypus spezialisiert, auf dessen Funktionstächtigkeit wir uns verlassen konnten.

Für die Grünau-Aktion hatten wir zwar noch die Möglichkeit einer abweichenden Zündervorrichtung angedacht, diese zusätzliche Arbeit aber aus folgenden Gründen sogleich wieder verworfen:

Wir sind davon ausgegangen, daß eine Entdeckung und Festnahme von uns, wenn überhaupt, dann auf dem hochummauerten Gelände des Knastes stattfinden würde, wo Fluchtmöglichkeiten ausgesprochen schlecht waren - Knast halt. Da wir das mögliche Strafmaß für die Sprengung des Knastes als sehr hoch eingeschätzt hatten, machte sich bei uns das Gefühl breit, die Freienwalde-Aktion würde diesbezüglich den Kohl auch nicht weiter fett machen. Also konnten wir beruhigt dieselbe Zündvorrichtung benutzen.

Und da wir nach unserer Logik den Zusammenhang mit Freienwalde offengemacht hatten, sprach nichts mehr dagegen, die Warnzettel auch noch mit unserem Namen zu unterschreiben.

Zum einen gingen wir davon aus, daß mit unserem Namen unterschriebene Warntafeln ernster genommen würden. Zum anderen wollten wir dadurch erreichen, daß bei erfolgreicher Sprengung schon in die ersten Pressemitteilungen den Bezug zur ersten Aktion herstellen und somit den politischen Kontext der Aktion veröffentlichen würden.

In dieser “Logik”- Kette macht sich unsere damalige “Alles oder Nichts” -Haltung deutlich. Wie der Verlauf der Nacht und die weiteren Ermittlungen der Bullen zeigen, war dieses Vorgehen viel zu kurz gedacht. Die, die durch unsere Fehler ins Visier der Bullen geraten sind, haben sich nun mit dem Problem auseinanderzusetzen, daß ihnen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird. Das wäre ohne die Baugleichheit und die unterschriebenen Warnzettel für die BAW nicht so einfach gewesen.

Diese Vorgehensweise stellt auch für uns selber eine unnötige Gefährdung dar. Jede Aktion sollte so geplant werden, daß bei einer Festnahme vor oder während der Aktion einem/r nicht auch noch vorangegangene angelastet werden können.

Fazit: