das erste ´radikal´-Verfahren ist vom Oberlandesricht Koblenz eingestellt  
worden.

wir dokumentieren im folgenden

*        den Beschluß des Oberlandesgerichts Koblenz zur Einstellung

*        die Erklärung einiger Städte aus dem Soligruppenzusammenhang

*        die Presseerklärung von den AnwältInnen der Angeschuldigten



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OJs 13/95

                        OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

                            B E S C H L U S S


In dem Strafverfahren

g e g e n

1. Werner K.,
persönliche Daten gestrichen

2. Rainer P.,
persönliche Daten gestrichen

3. Ralf M.,
persönliche Daten gestrichen

4. Andreas E.,
persönliche Daten gestrichen

wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung u.a.

hier: vorläufige Einstellung des Verfahrens nach § 153 a Abs. 2 StPO

hat der 2. Strafsenat - Staatsschutzsenat - des Oberlandesgerichts Koblenz
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Vonnahme sowie die
Richter am Oberlandesgericht Mertens und Pott am 25. August 1997

beschlossen:

Das Verfahren wird mit Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft und der
Angeschuldigten gemäß S 153 a Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.

Den Angeschuldigten wird die Auflage erteilt, jeweils einen Geldbetrag von
1.000 DM (Eintausend Deutsche Mark),

zahlbar in vier Monatsraten zu je 250 DM, beginnend mit dem 1. Oktober 1997,
zugunsten des Vereins "Medico International e.V." Obermainanlage 7, 60314
Frankfurt am Main, auf das Konto Nr.  bei der Frankfurter Sparkasse zu
zahlen.

Die Ratenzahlungen sind dem Senat jeweils bis zum 15. des betreffenden
Monats durch Übersendung von Zahlungsbelegen (Ablichtungen genügen) zu
oben angegebenem Aktenzeichen nachzuweisen.

Die endgültige Einstellung des Verfahrens hängt davon ab, daß die
Angeschuldigten die vorgenannte Auflage fristgerecht erfüllen und die
Zahlungsnachweise gegenüber dem Senat in der festgesetzten Zeit erbringen.
Erfüllt ein Angeschuldigter die Auflage nicht, nicht vollständig oder nicht
fristgerecht, muß er mit der Fortsetzung des Verfahrens rechnen.

G r ü n d e:

Soweit die Anklage den Angeschuldigten in insgesamt 29 Fällen Vergehen der
Unterstützung terroristischer Vereinigungen, der Billigung von
Straftaten sowie der öffentlichen Aufforderung und der Anleitung dazu
(§§ 129 a Abs. 3, 140, 111 Abs. 2, 130 a Abs. 1 StGB) in der Gestalt von
Presseinhaltsdelikten zur Last legt, ist jedenfalls in der Mehrzahl -
nämlich in 18 Fällen - eine Verfolgung der Taten wegen Ablaufs der
(absoluten) Verjährungsfrist von drei Jahren nach den §§ 22 Abs. 1
Landespressegesetz Rheinland Pfalz, 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB nicht mehr
möglich.
Darunter fallen alle aus den Ausgaben Nr. 148, 149 und 150 der Druckschrift
"radikal" zur Anklage gebrachten Beiträge.

Hinsichtlich des gegen die Angeschuldigten erhobenen Hauptvorwurfs der
Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB hat der Senat
in seinem Beschluß über die Nichteröffnung des Hauptverfahrens vom 5. März
1997 die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den zur Anklage gebrachten
Sachverhalt aus Rechtsgründen verneint. Zwar hat der 3. Strafsenat des
Bundesgerichtshofs diese Entscheidung auf die Beschwerde der
Generalstaatsanwaltschaft mit der Begründung aufgehoben, der Senat sei zu
Unrecht von fehlender örtlicher Zuständigkeit ausgegangen. Zu der für den
Tatvorwurf nach § 129 StGB maßgeblichen Problematik verhält sich die
Beschwerdeentscheidung indes nicht.
Angesichts des weiteren Umstandes, daß die strafrechtlich bislang nicht bzw.
nicht gravierend in Erscheinung getretenen Angeschuldigten in vorliegender
Sache nahezu sechs Monate Untersuchungshaft erlitten und für den Fall
einer Einstellung des Verfahrens auf die Geltendmachung eventueller
Ansprüche nach dem StrEG verzichtet haben, hält auch der Senat die von der
Generalstaatsanwaltschaft im Einvernehmen mit der Verteidigung angeregte
Einstellung des Verfahrens nach 5 153 a Abs. 2 StPO für sachgerecht. Dabei
sind die im Tenor festgesetzten Auflagen geeignet, das öffentliche
Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. Die Schwere der Schuld
steht dem nicht entgegen, zumal die Verfahrensweise nach § 153 a StPO kein
nur als gering zu bewertendes Verschulden voraussetzt, sondern auch bei
einem durchschnittlichen oder bis an die Grenze der schweren Schuld
reichenden Schuldmaß zulässig bleibt (vgl. Schoreit in Karlsruher
Kommentar, StPO, 3. Aufl., S 153 a Rdn. 11).


Dr. Vonnahme                    Mertens                             Pott

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++++++ Das Koblenzer radikal-Verfahren ist eingestellt ++++++

Am 25.8.97 stellte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz das Verfahren gegen
vier Beschuldigte im "radikal-Verfahren", wegen Mitgliedschaft in einer
kriminellen Vereinigung und weiterer Straftaten ein.
Die akzeptierten Einstellungsbedingungen lauten dabei wie folgt:
Ente, Werner, Cracker und Rainer verzichten auf eine Haftentschädigung für
die jeweils fast sechsmonatige Untersuchungshaft und es werden jeweils
1000,- DM Geldbuße zugunsten medico international gezahlt.
Die Vier stimmten diesem Angebot zu, ohne sich zu den Vorwürfen einzulassen.
Auch Distanzie- rungen oder Erklärungen zu zukünftigen politischen
Aktivitäten wurden nicht abgegeben.

Während Bundesinnenminister Kanther und die Bundesanwaltschaft (BAW) am
13.6.95 die radikal noch im direkten organisatorischen Zusammenhang mit
AIZ, RAF, K.O.M.I.T.E.E., und somit als Bindeglied und Anwerbeorgan für
sämtliche bewaffnet kämpfende und militante Gruppen in der BRD
beschrieben, zeichnet sich durch die Einstellung dieses Verfahrensteils
ab, daß von diesem Konstrukt nicht mehr viel übrig geblieben ist. Damit
endet ein Teil des radikal-Verfahrens nach mehr als zwei Jahren
unspektakulär, aber doch nicht völlig unerwartet.

Auch wenn es sich bei dieser Einstellung nur um einen Teil des
Verfahrenskomplexes handelt, haben wir uns aus folgenden Gründen für eine
Zustimmung zu dem Angebot entschieden:

- Die Konstruktion der BAW - die radikal sei eine kriminelle Vereinigung
(nach §129 StGB) - ist ohne Verhandlung nicht gerichtlich festgeschrieben.
Das heißt, mit der Einstellung nach §153a StPO (Einstellung mangels
öffentlichen Interesses) ist das von den Verfolgungsbehörden angestrebte
Präzedenzurteil, mit den, dann möglichen Auswirkungen für ähnliche
Organisationsansätze innerhalb der radikalen Linken nicht ergangen.

- Eine Mobilisierung zum Prozeß hätte, unter den derzeitigen Bedingungen,
keine politische Perspektive.
Der Gerichtssaal ist nicht der Ort, an dem wir unsere Diskussionen um
revolutionäre Politik führen oder gar revolutionäre Ansätze entwickeln.
Damit wir einen Prozeß für uns offensiv hätten nutzen können, hätte es
einer unterstützenden, mindestens aber interessierten Öffentlichkeit
bedurft. Diese anfänglich erhoffte Unterstützung durch ein breites
politisches Spektrum blieb allerdings weitgehend aus. Die lange Dauer des
Verfahrens tat ein Übriges, an den Kräften der bundesweiten Soligruppen zu
nagen. Die üblichen Auseinandersetzungen und Streitereien über das weitere
Vorgehen blieben nicht aus und trugen ebenfalls zu den Schwierigkeiten bei
der Soliarbeit zu dem radikal-Verfahren bei.
Die Prozeßarbeit hätte darüber hinaus viel Kraft und finanzielle Mittel
gebündelt, die wir besser für sinnvollere Projekte investieren sollten.

- Für die Beschuldigten ist die Zahlung einer Geldsumme, im Vergleich zu
einer eventuellen Verurteilung, das geringere Übel.
Mit der Einstellung unter den oben genannten Bedingungen wird zwar die
Einknastung akzeptiert und unausgesprochen eine Schuld eingestanden, die
den gegenüber stehenden "Risiken" eines Prozesses/ Urteils wiegen hier
aber schwerer. Außerdem werden so die weiteren politischen Aktivitäten der
Beschuldigten nicht durch mögliche (Bewährungs-) Auflagen eingeschränkt.

Mit dieser Einstellung ergibt sich eine Situation, die richtungsweisend
für die anderen Verfahrensteile ist.
Das heißt, durch die Entscheidung des OLG Koblenz gegen die Verhandlung und
somit auch gegen die Verurteilung der radikal (nach §129 StGB) wird eine
Verurteilung in den noch ausstehenden radikal-Verfahren
unwahrscheinlicher.

Wir wollen nicht verschweigen, daß es auch Bedenken gegen die Annahme des
Einstellungsangebotes gab. Sie sind weder rationaler noch taktischer Natur.
Es ist eher das Gefühl und die politische Moral die rebellieren, und die
von der vernünftigen Beurteilung der Möglichkeiten und der Kräfte besiegt
werden.
Eine Einstellung nach §153a StPO (mit Bedingungen) meint den Verzicht auf ein
schwerwiegendes Urteil für den Preis eines nicht ausgesprochenen
Schuldeingeständnisses. Eine Geldstrafe und der Verzicht auf die
Haftentschädigung ist interpretierbar als Eingeständnis.
Diese Bedenken sind nicht wegzudiskutieren, aber wir können eben nicht mit
dem Kopf durch die Wand.

Das bisher Gesagte beschreibt unsere Abwägung, soll aber nicht
darüberhinwegtäuschen, daß mit der Koblenzer Einstellung noch lange nicht
alle radikal-Verfahren beendet sind:

Im Verfahrenskomplex vom 13.6.95,
- liegt seit März diesen Jahres die Anklage wegen Mitgliedschaft in der
kriminellen Vereinigung radikal gegen Glosch, Jutta, Ulli, Matthes und
eine weitere Frau vor. Über die Zulassung muß das OLG Düsseldorf bis
Oktober 1997 entscheiden.
- Die dort ansässige Staatsanwaltschaft hat außerdem gegen drei weitere
Männer aus Münster Anklage in einem eigenständigen Verfahren wegen
Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung radikal erhoben.
- Ein Verfahren läuft noch gegen eine Frau aus Bremen, hier liegt aber noch
keine Anklage vor.

Außerdem liegen bei der Bundesanwaltschaft (BAW) Verfahren wegen
Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung radikal,
- seit Dezember 1995 gegen einen Kieler und eine weitere Person,
- seit Dezember 1996 gegen einen Spanier aus Vaals (Niederlande),
- seit Januar 1997 gegen drei Personen aus Berlin
- und seit März 1997 gegen zwei weitere Personen aus Berlin (Dieses
  Verfahren richtet sich gegen die "Dokumentation kriminalisierter
  radikal-Texte", die von 60 Gruppen und Prominenten herausgegeben wurde.
  Die beiden Personen, dabei einer der Koblenzer Beschuldigten, wurden
  in Münster mit 680 Exemplaren festgenommen.

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die BAW auf Zeit setzt und diese
Verfahren behält, besonders wenn sich bei den an die Oberlandesgerichte
abgegebenen Verfahren kein Erfolg ihrer jahrelangen Bemühungen abzeichnet.
Aber auch wenn die BAW mit ihrem §129-Konstrukt gegen die radikal genauso
scheitern sollte, wie zuvor gegen die Antifa (M), ist nicht davon
auszugehen, daß sie ihr Ziel aus den Augen verliert. Unserer Einschätzung
nach wird sie weiter daran arbeiten, den §129 StGB anhand einer
Gruppe festzuklopfen, um darüber ein weiteres repressives Mittel in die Hand
zu bekommen. Mit dem §129a StGB hat sie dies bereits und aus der Geschichte
ist absehbar, wie er auch gegen Angehörige und das Umfeld sogenannter
terroristischer Vereinigungen angewendet wurde und wird.
Sicherlich sind aber nicht Verurteilungen die einzige Motivation für die
BAW (gewesen). Diese Verfahren nach §§129 und 129a ermöglichen den
Ermittlungsbehörden immer auch das großflächige Ausforschen politischer
Szenen und Freundeskreise. So haben die Behörden in diesem Verfahren durch
Observationen, Postkontrollen, Telefonüberwachungen, Lauschangriffe und
Beschlagnahmungen bei den Razzien zahlreiche Informationen aus der
linksradikalen Szene sowie umfangreiche Informationen über die
(vermeintliche) radikal-Struktur gewonnen.
Diese Informationen, die mittlerweile über 100 Aktenbände füllen, bleiben
den Ermittlungsbehörden auch bei der Einstellung erhalten und sie werden
damit auch zu gegebener Zeit arbeiten.
Nicht zuletzt zeigt sich an diesem Verfahren einmal mehr, daß es bei dieser
Informationsbeschaffung nicht zwangsläufig darum geht, anzuklagen oder zu
verurteilen. Viele §§129 / 129a Verfahren dienen in erster Linie
Ermittlungen.

Erfahrungsgemäß gehen Präzedenzurteilen und der Aushöhlung von Grundrechten
jahrelange Versuche und repressive Vorstöße voraus. Jüngere Beispiele
hierfür sind die Kriminalisierungen der "Interim", der "Göttinger
Drucksache" oder der "Graswurzelrevolution". Wenn die Öffentlichkeit
und die Linke nach anfänglicher Sensibilität daran gewöhnt wurden, wird das
beabsichtigte Ziel ohne großes Aufsehen zu einem späteren, günstigeren
Zeitpunkt durchgesetzt.

Die weitere Entwicklung muß also aufmerksam beobachtet werden, denn nach wie
vor gilt: Wenn die Linke derzeit kaum in der Lage ist Erfolge zu erzielen,
sollte sie sich wenigstens der schrittweisen Verschlechterung der
Widerstandsbedingungen widersetzen.


Einstellung aller radikal-Verfahren!
Lebt und lest radikal!


Im September 1997
einige Städte aus dem bundesweiten Solizusammenhang


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Auch nach dieser Einstellung wird weiterhin Geld für die weiteren Verfahren
benötigt:
Bundesweites Solikonto für die Verfahren vom 13.06.95:
Berliner Bank, BLZ 100 200 00, KtoNr. 719 007 56
Bezugsadresse der radikal:
äußerer Umschlag: Ravage, Van Ostadesstraat 233n, NL-1073 TN Amsterdam;
innerer Umschlag: Z.K.
radikal online:
http://www.xs4all.nl/~tank/radikal




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Kasten in dem Text:

Aktueller Stand des Verfahrens/ das juristische Procedere:

Ein halbes Jahr nachdem die Anklage von der Staatsanwaltschaft Koblenz
zugestellt wurde, entschied das dortige OLG Anfang 1997 überraschend, daß
es örtlich nicht zuständig sei. Ungefragt fügte das OLG hinzu, daß die den
4 Angeklagten vorgeworfenen Straftaten ihrer Auffassung nach nicht für
eine kriminelle Vereinigung ausreichten und daß selbst der Vorwurf der
Unterstützung terroristischer Vereinigungen (§129a StGB) fraglich sei.
Ähnliche Signale hatte zuvor auch die Koblenzer Staatsanwaltschaft
gesendet und angedeutet, daß sie einer Einstellung nicht widersprechen
würde, wenn sie vom Gericht vorgeschlagen werde. Da dies nicht geschah
klagte sie an und legte folgerichtig auch Beschwerde gegen den "Nicht-
eröffnungsbeschlß" des OLG Koblenz ein, worüber dann die nächsthöhere
Instanz, der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden hatte.
Sein Verhältnis zur radikal hatte der BGH bereits 1995 klar geäußert. In
einem Beschluß, der nachträglich den "Lauschangriff" 1993 in einem Haus in
der Eifel (wo ein vermeintliches radikal-Treffen mitgeschnitten wurde)
legitimierte, wie auch bei einer Haftbeschwerde sprach er von "dringendem
Tatverdacht" bezüglich der kriminellen Vereinigung, schloß sich also dem
Konstrukt der BAW an. Doch Ende Juni dieses Jahres entschied der BGH anders
als erwartet. Obwohl er die Möglichkeit gehabt hätte, an fast jedes OLG in
der BRD zu delegieren, erklärte er das OLG Koblenz für zuständig und gab
damit das Verfahren ausgerechnet an das Gericht, das vorher deutlich ge-
macht hatte, daß es kein gesteigertes Interesse an diesem Verfahren hat.
Der BGH enthielt sich außerdem noch jeden inhaltlichen Kommentars:
Das Koblenzer OLG habe anhand der Anklage selbst zu entscheiden, ob
die radikal eine kriminelle Vereinigung sei oder nicht. Da die dortige
Rechtsauffassung aber schon bekannt war und der gegenteilige Fingerzeig von
oben ausblieb, rechneten wir damit, daß dieser Teil der Anklage nicht
zugelassen werden würde. Da damit der Kern der Anklage weggefallen war,
aber trotzdem ein aufwendiger Prozeß bevor gestanden hätte gingen wir nun
davon aus, daß in Koblenz über eine Einstellung nachgedacht würde.
Wiederum schneller als erwartet kam dann das entsprechende Angebot der
Koblenzer Staatsanwaltschaft.
----- Ende Kasten --------------------------------------------------------


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                   P R E S S E E R K L Ä R U N G




Das Oberlandesgericht Koblenz hat das radikal-Verfahren nach fast  
vierjähriger Verfahrensdauer am 25. August 1997 gemäß § 153 a StPO  
eingestellt.

Die vier Angeschuldigten waren nach bundesweiten Durchsuchungen am 13.  
Juni 1995 festgenommen worden und befanden sich anschließend unter  
extremsten Bedingungen fast sechs Monate in Untersuchungshaft. In der  
Anklage vom August 1996 wurde ihnen Mitgliedschaft in einer kriminellen  
Vereinigung, Unterstützung terroristischer Vereinigungen, Billigung von  
Straftaten, Anleitung zu Straftaten und Steuervergehen vorgeworfen. Das  
Oberlandesgericht Koblenz hat die Anklage im März 1997 nicht zur  
Hauptverhandlung zugelassen. Nachdem der Bundesgerichtshof diesen Beschluß  
im Juni 1997 aufgehoben hatte, mußte sich das Oberlandesgericht Koblenz  
erneut mit der Sache befassen. Den vier Angeschuldigten wurde mit der  
Einstellung die Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1.000,00 DM an medico  
international e.V. auferlegt.

Das Oberlandesgricht Koblenz hält in dem Beschluß vom 25. August 1997 an  
seiner Rechtsauffassung fest, daß es sich bei den Mitarbeitern der  
Zeitschrift radikal nicht um Mitglieder einer kriminellen Vereinigung  
handelt. Dadurch sieht die Verteidigung sich in ihrer Kritik an der  
pauschalen Kriminalisierung der Zeitschrift radikal bestätigt.

Bereits 1991 war das Haerlin/Klöckner Verfahren - ebenfalls wegen des  
Vorwurfs der Mitarbeit an der Zeitschrift radikal - nach mehr als  
siebenjähriger Verfahrensdauer nach § 153 a StPO eingestellt worden. Dies  
hat den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof nicht davon abgehalten,  
in den letzten Jahren erneut bundesweit mit großem Aufwand völlig  
unangemessene Ermittlungsmaßnahmen gegen dieses Presseorgan zu führen. Es  
ist zu hoffen, daß sich der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof mit  
der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz zukünftig zu einer  
gehörigen Respektierung der Pressefreiheit angehalten sieht.


Ursula Ehrhardt, Gabriele Heinecke, Thomas Klein, Christoph Kliesing




Berlin, Hamburg und Osnabrück, den 8. September 1997






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              Anmerkung zu dieser Presseerklärung



Aus dem ersten Satz der Presseerklärung der AnwältInnen, in dem es heißt,

...... das radikal-Verfahren nach fast vierjähriger Verfahrensdauer
am 25. August 1997 (...) eingestellt ......

könnte sich fälschlicherweise schließen lassen, daß das Gesamtverfahren
mit dieser Entscheidung eingestellt wurde.

Dem ist nicht so !!!!!!!!!!

Beachtet bitte den Text der Soligruppen, aus dem sehr deutlich hervorgeht,
daß nur ein erstes Verfahren im Gesamtkomplex der Kriminalisierung der
radikal eingestellt wurde.

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