Bericht aus Berlin...

Die Würde des Menschen ist unantastbar - die Profiteure sind es nicht!!

Gegen die NutznießerInnen des Asylbewerberleistungsgesetzes!

Sorat ist nur ein Beispiel - aber ein gutes! Ein Bericht aus Berlin:

Das Asylberwerberleistungsgesetz (AsylbLG) wird ziemlich oft novelliert. Am 1.6.97 wurde es unter anderem wieder (und nicht zum letzten Mal, siehe Infos weiter unten) massiv ausgeweitet. Konsequenz der Verschärfung ist, daß die Sozialleistungen für Asylbewerberlnnen, Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, sowie aller anderen Flüchtlinge, die nur eine Duldung bekommen haben, auf nicht mal 80% des üblichen Sozialhilfesatzes gekürzt werden. Bundesweit sind um die 500000 Menschen, in Berlin 30000 von dieser Gesetzgebung betroffen. Sie müssen in Heimen leben, dürfen nicht arbeiten und haben kaum Rechte auf medizinische Versorgung. Das Gesetz gibt nicht zwingend vor, in welcher Form die Flüchtlinge Leistungen bekommen sollen. Doch die Berliner Sozialsenatorin Hübner ist sehr bemüht, zu erwirken, daß alle Bezirkssozialämter nur noch 80,- DM Taschengeld auszahlen und ansonsten auf Sachleistungen umstellen. Finanziell lohnt sich die Sache für die Sozialämter nicht. Insgesamt ist das Sachleistungssystem sehr viel aufwendiger und damit teurer, als den Menschen den vollen Sozialhilfesatz auszuzahlen. Die Umstellung auf Sachleistungen dient einzig dazu, Menschen zu entwürdigen, ihnen das Leben in Deutschland möglichst schwer zu machen und sie in den Augen der übrigen Bevölkerung noch einmal mehr herabzustufen.

infos from berlin Im Juni und Anfang August 1997 war in diversen Artikeln in der Berliner Tagespresse zu lesen, daß die Schikanen gegen Flüchtlinge einen neuen Höhepunkt erreicht hatten: Von Taz bis zu diversen anderen Blättern wurde kritisch und ablehnend beschrieben, daß in Berlin jetzt 2.500 der 30.000 Menschen, die unter das AsylbLG fallen, auf der Basis von Gutscheinen in zwei Sachleistungsmagazinen der Firma SORAT zwangseinkaufen müssen.

Die betroffenen Flüchtlinge leben überall in dieser recht großen Stadt und müssen natürlich das Fahrgeld zu den Magazinen (Methfesselstr.43 (Kreuzberg) und Holzhauser Straße 88 (Berlin Tegel)) von ihren 80 DM Taschengeld bezahlen. Wie zum Hohn finden sie in den SORAT-Magazinen ein völlig eingeschränktes und überteuertes Warenangebot. Reine Schikane!!

Ziemlich unmittelbar nach Bekanntwerden der Zwangseinkaufsläden begann der Berliner Flüchtlingsrat Kundgebungen und Proteste vor den Magazinen und vor dem Sorat 'Art Hotel' zu organisieren. Ein kleiner Erfolg war in der Öffentlichkeitsarbeit zu verzeichnen, als Ärzte der Göttinger "Akademie für Ethik in der Medizin", ihre Buchung in Sorat-Hotels stornierten und die Jenapharm GmbH gleich die gesamte Hotelkette als Treffpunkt für weitere Aktivitäten strich.

Am 10.8.97 brannte in Mittenwalde der LKW- Fuhrpark (Zentrallager) der 'Spar AG' ab. Drei Millionen DM Sachschaden!

Die 'Autonome Gruppe "Sparflamme"' schreibt dazu:

"Als Lieferant für die Sammelmagazine agiert SPAR. Die Preise für die Waren werden willkürlich von Woche zu Woche neu festgelegt. Fast alle Waren sind in normalen Supermärkten billiger zu bekommen. Während SPAR seine Profite einheimst, müssen die Flüchtlinge sich mit den ständigen Schikanen in den Sammelmagazine herumschlagen."

SORAT lancierte als Folge der Proteste, daß sie die Sachleistungsmagazine zum 1. Oktober 97 schließen wollten. Doch wer sich darüber freute, hatte sich geirrt. Der 1.Oktober sollte nur der Auftakt zu einer neuen Angriffsrunde gegen Flüchtlinge werden.

Unbeirrt von den Protesten, sogar dem Widerstand vieler Sozialämter will Sozialsenatorin Hübner weiterhin ein Wertgutscheinsystem für alle 30.000 Berliner Flüchtlinge einführen. Eine Catering-Firma namens SODEXHO hat sich angeboten, für 1,75% des Wertes jedes Gutscheins, die Verwaltung der Einkäufer zu übernehmen, was miteinschließt, verschiedenste Supermärkte zu organisieren, in denen die Flüchtlinge 'einkaufen' müssen. Die Kosten für dieses System würden mindestens 2ß Millionen DM im Jahr ausmachen, den Gewinn von SODEXHO's 1,75%.[1]

Ob SODEXHO direkte geschäftliche Kontakte zu SORAT hat, ist uns unklar. Dafür war in diversen Anzeigen folgendes zu lesen:

"Von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales sind wir beauftragt worden, für Asylbewerber ein flächendeckendes Verfahren zur Weiterentwicklung des Sachleistungsprinzips zu organisieren. Vorgesehen ist vorübergehend die Ausgabe von Warengutscheinen mit Abrechnung über ein Belegsystem für Lebensmittel und Artikel des täglichen Bedarfs (z.ß.Hygieneartikel) durch den Lebensmitteleinzelhandel bzw. von Handelsketten. Längerfristig ist die Umstellung auf ein Chipkartensystem geplant.

Hierzu werden zum 1. Oktober 1997 im gesamten Berliner Stadtgebiet Lebensmitteleinzelhändler bzw. Lebensmittelketten gesucht, die bereit sind, sich an diesem Verfahren zu beteiligen.

Bewerbungen richten Sie bitte umgehend - vorab vorzugsweise - per Telefax an Fa. SORAT GmbH, Einsteinufer 63-65, 10587 Berlin, Fax-Nr. 34786191. "

Die Tegelmannkette interessierte sich für den angepriesenen Job und setzte sich mit SORAT in Verbindung.

In der Nacht des 3. Oktobers wurde während des Ausklangs eines Straßenfests ein KAISERS Supermarkt am Teutoburger Platz (Berlin, Prenzlauer Berg) vollständig- niedergebrannt. Die Aktion war eine konsequente Warnung an KAISERS (bzw. die Tengelmann-Kette) und alle anderen LebensmittelhändlerInnen, eventuelle Pläne bezüglich eines Einstiegs in das Warengutscheinabrechnungssystem noch mal zu überdenken.

Die Zeitungsberichterstattungen, die auf die Aktion folgten, überschlagen sich fast, in den Darstellungen einer exakt geplanten und erfolgreich durchgeführten Aktion.

"Die Aktion war bis ins Detail vorbereitet: Rund 50 Vermummte mischten sich gegen 22 Uhr am Teutoburger Platz unter die Besucher der friedlichen "Einheitz-Party" zum Tag der deutschen Einheit, die von den Grünen veranstaltet wurde. (...) Dann ging alles blitzschnell: Eine Leuchtspur-Rakete wurde abgefeuert - das Signal zum Losstürmen. Eine Gruppe aus 15 Politrambos schob 20 Autos, Kleintransporter und Baufahrzeuge zusammen, bildete blitzschnell einen Blechwall direkt vor dem Kaisersverbrauchermarkt in der Fehrberliner Straße. Ein Polizeisprecher: Wie am ersten Mai 1987 in Kreuzberg warfen sie Molotow-Cocktails in die Fahrzeuge, zertrümmerten die Fensterfront und warfen Feuer-Bomben hinein. " (...)

Der Schaden geht in die Millionen. Die Feuerwehr brauchte eine Stunde, um die meterhohen Flammen zu löschen.(...)"[2]

In den folgenden Tagen und Wochen wurde über den Anschlag auf den Supermarkt sowohl in der Nähe des Geschehens, als auch in der ?Politszene' heftig diskutiert. Dazu steht mehr im nächsten Kapitel, welches sich mit Kritik an den AkteurInnen und der Reaktion der Bullen auf die Aktion beschäftigt. An dieser Stelle geht es erstmal chronologisch weiter:

Im November 97 gab es wieder verschiedene Kundgebungen, eine vor dem Magazin in Kreuzberg, eine vor dem SORAT-Hotel in der Joachimstaler Straße.

Am 16.12.97 haben antirassistische Gruppen an insgesamt 13 SPAR-Standorten die Türschlösser im Eingangsbereich, im Lieferantenbereich und an den Gattern verklebt, sowie "Spar ist rassistisch - Bargeld statt Gutscheine für Flüchtlinge!" an die Fassaden gesprüht.

Nur einen Tag darauf, in der Nacht zum 17.12.97 wurden bei zwei SORAT-Hotels in Neukölln und Prenzlauer Allee die Scheiben eingeschmissen.

"...Nachdem die Flüchtlinge sich täglich gegen dieses System wehren, indem sie beispielsweise Waren in den SORAT-Läden beschädigen; und nachdem antirassistische Gruppen eine Reihe von Protestaktionen durchgeführt haben hatte SORAT angekündigt, sich aus dem System der Sammelläden zurückziehen wollen.(..) Doch alle Ankündigungen sind reine Augenwischerei; Momentan wird an der Einführung der Asylcard gebastelt, ein weiterer Schritt zum 'gläsernen Flüchtling'. Der Senat sucht über SORAT nach weiteren Ladenketten,in denen die Flüchtlinge dann per Asylcard oder weiterhin in Form von Gutscheinen Lebensmittel kaufen müßten. " [3]

Die 'Autonomen Gruppen' laden in ihrem BekennerInnenschreiben zur Diskussion der verschiedenen Motivationen ein, SORAT bzw. das Warengutscheinsystem anzugreifen:

"...wir denken, daß durch entschlossenen Widerstand auf vielen Ebenen, auch auf der militanten, die Einführung des Warengutscheinsystems noch gekippt werden kann. Mit einem solchen kleinen Erfolg wäre nicht nur eine der vielen Schikanen im Leben von Flüchtlingen gestoppt, vielleicht könnten wir, aufbauend auf einen solchen Erfolg, neue Kraft im Kampf gegen die Formierung der Festung Europa 'schöpfen (...)

Das Warengutscheinsystem hat Modellcharakter für verschärfte Kontrolle auch anderer Bevölkerungsteile neben den Flüchtlingen. Schon 1986 wiesen die revolutionären Zellen daraufhin, daß hier die Flüchtlinge als 'Manövriermasse taugten, 'an der das sozial-technische Instrumentarium eingeschliffen, sowie auf seine Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit hin erprobt wird' (...)

Unsere Aktion ist auch ein Angriff auf ' , die Politik des staatlichen Rassismus.

Wir verstehen (sie) auch als einen Akt der praktischen Solidarität mit den von den schikanösen Warengutscheinen betroffenen Flüchtlingen, der vielleicht, im Zusammenspiel mit anderen, legalen Aktionsformen, zu einer konkreten Verbesserung ihrer Lebensbedingungen beitragen kann: Warengutscheine in Bargeld umtauschen, Flüchtlinge bei Behördengängen begleiten, illegalisierten MigranntInnen medizinische Hilfe und Wohnmöglichkeiten zur Verfügung stellen, Abschiebungen verhindern etc. Wenn wir das tun, nutzen wir die Ressourcen, über die wir, aufgrund unserer - gegenüber den Flüchtlingen - privilegierten - Bedingungen verfügen können.,jedoch ist es fast immer gescheitert, über, eine moralisch begründete Stellvertreterpolitik hinaus zusammen mit den Flüchtlingen gemeinsame Kämpfe zu führen, einfach deshalb, weil sich nur schwer eine unmittelbare gemeinsame Interessensbasis finden ließ. Gerade angesichts dieser Widersprüche, sind wir versucht, uns auf bestimmte moralische Positionen als Basis zurückzuziehen und so im Zeitgeist der allgemeinen Abstumpfung und gleichgültigkeit zu überwintern.

(...)

Der Rückzug auf moralische Positionen bedeutet für einige von uns einen Abschied von der Vorstellung, in den Flüchtlingen ein mögliches revolutionäres Subjekt zu sehen, "die in die Metropolen reichende Verlängerung eines weltweiten Aneignungskampfes", wie die R.Z. (Revolutionären Zellen, Anm. von uns) einmal formulierten. Unterhalb der Ebene "revolutionärer Subjekte" hofften wir wenigstens auf emanzipative Selbstorganisationsprozesse unter der Masse der Flüchtlinge Doch selbst diese Hoffnungen waren meist nichts weiter als eine Projektion. Konfrontiert mit der Subjektivität der meisten Flüchtlinge, die hier einen mühsamen Kampf ums Überleben oder ein wenig Wohlstand führen, haben sich diese Hoffnungen aufgelöst.

Auch jenseits solcher Hoffnungen halten wir an der Position fest, daß es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, in einer Migrationsgesellschaft wie der unseren mit Menschen unterschiedlicher Hautfarben, Staatsbürgerschaften und Herkünfte gleichberechtigt zusammenzuleben - ganz gleich ob MigrantInnen kämpfen oder nur konsumieren wollen. Das klingt banal, aber das ungeheuerliche ist für uns, daß diese Gesellschaft von einer "nicht-weißen" Alltagsnormalität weiter denn je entfernt ist. Wenn es Reste von Utopie gibt, die für uns weiterhin Gültigkeit haben, dann spiegeln sie sich in dieser Minimalforderung wieder!(...)"

Auch im neuen Jahr riß die Aktionskette gegen das Warengutscheinsystem und SORAT im speziellen nicht ab. Lassen wir John Silver zu Wort kommen, der am 8.1. für alle Piraten/Piratinnen eine Erklärung verfaßte: [4]

"An Sorat und Konsorten einen schönen guten Morgen den Herren Garski, Penz und Pleß

  1. haben wir in einem Überraschungsangriff in den Morgenstunden des 8.1.98 Eure Tegler Hotelyacht geentert und in Brand gesetzt.
  2. ist hinlänglich bekannt, daß eure Firma Sorat widerliche Geschäfte im Zusammenhang mit Flüchtlingen betreibt.(...)
Wir stellen das Feuer ein, wenn ihr:

  1. sofort Eure Flüchtlingsheime und Einkaufssammelmagazine auflöst uns aus sämtlichen Geschäften in diesem Zusammenhang wieder aussteigt.
  2. als Wiedergutmachung für Euer unverantwortliches Tun sämtliche in eurem Besitz befindlichen Gebäude und Gelder einer Flüchtlingsorganisation übereignet. meine Ausführungen sind hiermit beendet, und ich hoffe diese Worte finden bei euch Eingang, denn wir werden keine Scheu zeigen, diese Auseinandersetzung an Land weiterzuführen.

Feuer frei auf Sorat!!!

In einer Erklärung vom 29.3.'98, abgedruckt in der interim 448, werden gleich zwei Aktionen bekanntgegeben.

Zum einen wurden auf dem Fuhrparkgelände des SPAR-Hauptsitzes Osterbrooksweg 35-45 in 22867 Schenefeld, mehrere LKW's in Brand gesteckt und außerdem, "nicht weit entfernt, im feinen Blankensee, am Haus des SPAR-Vorsitzenden und Multimillionärs Helmut Dotterweich, Brandts Weg 6, 22587 Hamburg, Tel: 868402, Scheiben eingeschlagen und Farbe innen und außen verteilt."

Die SPAR-Handels AG, Umsatz 1977 über 14 Milliarden DM, ist im Zusammenhang mit Intermarche Frankreich der zweitgrößte Einzelhandelsriese Europas. (...)

Die meisten KundInnen kennen SPAR nur aus der Eigenimagewerbung als "guten Nachbarn" und aus eigener Erfahrung als "guten Abzocker" an der Kasse. Den wenigsten dürfte bekannt sein, daß SPAR sich spätestens seit letztem Jahr auch an der Umsetzung rassistischer Sondergesetze beteiligt." (...)

"Die SPAR-Handels AG hat Märkte überall in der BRD, auch SORAT's Tätigkeitsbereich ist nicht auf Berlin beschränkt. (...)"

Ausführliches zur

KAISERS- Aktion:


Kritik:

Ansonsten in der linken Berliner Szene unüblich, wurden zu dieser Aktion verschiedene Kritiken geschrieben und in der Interim veröffentlicht.[5]

glasses Die Hauptkritikpunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bis auf wenige, waren die meisten KritikerInnen trotzdem mit der Sache an sich solidarisch. Immerhin war diese Aktion seit langer Zeit eine, an der sich viele Menschen gleichzeitig beteiligt haben, was üblicherweise dazu führt, daß gar nichts Praktisches zustande kommt, weil verschiedenste Vorstellungen und Sicherheitsbedürfnisse nicht zufriedenstellend auf einen Nenner gebracht werden können. Die Aktion hat stattgefunden und ist ohne Verletzungen und Festnahmen verlaufen. Das ist viel und gut, für den mittlerweile nicht mehr besonders militanten Berliner Alltag.

Das Anzünden von Firmenwagen kleinerer Selbständiger (läßt sich halt am Wagen schlecht erkennen, wie groß die Firma ist) ist ein Denkfehler, so nach dem Motto: Firma,- zahlt der Chef oder die Versicherung,...

Daß tatsächlich immer mehr Menschen gezwungen sind ein 60 Stunden Selbstversklavungspensum durchzuziehen, um über die Runden zu kommen, und daß die durch den Verlust ihres VW Transporters in ziemliche finanzielle Not geraten können, wurde bei der Logik ausgeblendet. Was zu tun ist, wenn nur ein solches Fahrzeug in der Nähe parkt und beschlossen wurde die Straße aus Sicherheitgründen dichtzumachen, ist eine Frage, die sicherlich manche so und manche anders beantworten würden. Da eine im Zusammenhang mit dem Brandanschlag agierende Gruppe jedoch in der Anschlagserklärung schrieb, sie habe sich bewußt Firmenwagen und Privatwagen höherer Preisklasse ausgesucht, ist Kritik an den Auswahlkriterien durchaus berechtigt.

Zum Punkt 'fehlende Vermittlung' fanden wir den Beitrag in der Interim 435, S.17 gut:

"Eine militante Aktion sollte sich von selbst vermitteln. Das ist seit den späten '60ern bis heute eine politische Grundforderung an Militante, die erst das Mittel der (unpolitischen Gewalt) in (politische) Militanz verwandelt. Da es aufgrund der staatlichen Repression, der Zensur und der geringen gesellschaftlichen Relevanz unabhängiger oder autonomer Medien über diese per "Erklärung" schlecht möglich ist, den Inhalt einer Aktion über die Szene hinaus zu vermitteln, müssen im konkreten Fall andere Formen der VermittIung gefunden werden. Speziell hier hätte den AnwohnerInnen erklärt werden müssen, warum sie nun sehr viel weitere Wege für ihre notwendigen Einkäufe zurücklegen müssen. Das ist in einer Gegend, in der sehr viele alte Menschen leben, besonders wichtig. Da die Aktion -wie berichtet- ohne das Rufen von Parolen gelaufen ist (in die Luft werfen von Flugblättern wäre sicherlich noch sinnvoller gewesen, da ja noch Leute auf dem Fest waren, Anmerkung von uns), vermittelt sie sich nicht von selbst, denn ein Supermarkt ist für die meisten Menschen eben vor allem nur ein Supermarkt, wo mensch das immer kärglicher werdende "täglich Brot" einkauft. Hier hätte bereits im Vorfeld l für das Verbreiten der Erklärung gesorgt werden können. Heißt Flugblätter an öffentlichen Orten auslegen, das Platzfest der Grünen zur Öffentlichkeit instrumentalisieren, Parolen sprühen, in der Umgebung Transparente aufhängen (Flugis in die Briefkästen, von uns). Dadurch, daß diese Möglichkeit versäumt wurden, mußte das ganze für die AnwohnerInnen als ein sinnloser Überfall erscheinen und sie dementsprechend verunsichern. Das Gefühl "Ich bin der/die Nächste ", dem/der die Bude abgefackelt wird, kann entstehen. Das ist sicher nicht das Gefühl, auf dem sich linksradikale Politik zu einer größeren Akzeptanz im Stadtteil transportieren läßt. Die Konsequenz kann nur heißen: Wenn militante Aktion in dieser Größenordnung, dann auch Vermittlung, weil sie sonst buchstäblich nur verpufft."

Gerade für NichtberlinerInnen wollen wir hier noch anmerken, daß es in dem Kiez in Prenzlauerberg, wo die Aktion stattgefunden hat, keineswegs eine Tradition an militanten Straßenaktionen gibt, wie es sie vor Jahren zeitweise in Kreuzberg und Friedrichshain gab. Das bedeutet natürlich auch mehr Unkenntnis und Ängste in der Bevölkerung, was linke Kriterien und Angriffsziele betrifft.

Weiter geht's mit dem Zitat:" In diesem Zusammenhang möchte ich die HerausgeberInnen und KleberInnen des Plakates: "Die Würde des Menschen ist unantastbar - die der Profiteure nicht ", sagen, daß ich dies absolut gut finde. Für mich ist damit der Inhalt der Aktion voll auf den Punkt gebracht. Wunderbar! Zwar glaub ich nicht, daß Oma/Opa Müller/Meier das auch versteht.... Aber wenigstens ein gelungener Versuch, die Vermittlung des Kaisers Brandes im nachhinein noch zu versuchen.(...)"

Repression:

Schon nach den Presseberichten zur Aktion zu urteilen, haben die Bullen ziemlich allergisch auf den Beweis reagiert, daß es in Berlin außer ein paar versprengten Kleingrüppchen noch Gruppen und/oder Einzelpersonen gibt, die zu einer koordinierten Großaktion bereit sind.

Eine 50 köpfige Sonderkommission unter Leitung der politischen Abteilung der Berliner Staatsanwaltschaft wurde in Sachen Kaisers eingerichtet. "In den folgenden Monaten wurden, so läßt die Staatsanwaltschaft wissen, über 100 Personen zu dem Anschlag und dem möglichen Täterkreis befragt. Besonders im Bezirk Friedrichshain, aber auch in Berlin-Mitte schwärmten Zivilfahnder aus, um Kneipengespräche zu belauschen, ertappte Sprayer mit gezielten Fragen unter Druck zu setzen oder AnwohnerInnen zu befragen."[6]

Zudem wurde lächerlicherweise der abgebrannte KAISERS von Wachschutz bewacht. In dem gesamten Kiez wurde die Bullenpräsenz erheblich erhöht.

Am 27.1. wurden mehrere Leute vom Staatsschutz vorgeladen. Sie waren am 3.10, wie viele andere Personen auch, in der Nähe des Tatortes in eine Personenkontrolle geraten. Vier Personen erschienen mit Anwalt, doch der Staatsanwalt verweigerte dem Anwalt Zeugenbeistand, so daß alle einzeln verhört wurden.

Bislang wurde davon ausgegangen, daß jeder Zeuge und jede Zeugin Anrecht auf das Dabeisein eines Anwalts oder Anwältin hat. Im Nachhinein klärte sich auf, daß dies tatsächlich auch so ist. Der Staatsanwalt hatte dreisterweise etwas verweigert, was jeder und jedem von Gesetz her zusteht. Da sich das erst klärte, als die Vernehmungen längst vorbei waren, nützte es denen, die verhört wurden, wenig.

Was die einzelnen bei den Verhören ausgesagt haben und was nicht, ist nicht bekannt. Alle zu KAISERS Vernommenen hatten das Gefühl, beschuldigt zu werden. Sie wurden nicht nur zu diesem Brandanschlag, sondern auch zu anderen Aktionen befragt. Wahrscheinlich hat es bei der Vernehmung mehrere verdeckte Gegenüberstellungen gegeben.

Diese Infos, sowie der folgende Absatz, stammen aus dem Artikel des Ermittlungausschusses Berlin. [7]

Wie umgehen mit einer Vorladung?

"Uns ist es in diesem Zusammenhangwichtig, euch davor zu warnen, mit solchen Vorladungen lässig umzugehen. Zu staatsanwaltschaftlichen Vorladungen muß mensch gehen, aber ihr solltet nicht unterschätzen, daß ihr es in solchen Zwangssituationen mit Profis zu tun habt.

Auch im eben beschriebenen Fall wurden wieder etliche Tricks angewandt (z.B. Vorhaltung von anderen Zeugenaussagen - fingiert oder nichtblinde Gegenüberstellungen, persönliches Gelaber der Bullen - gespickt mit direkten Fragen zur Tat - ,unvermittelte Fragen zu völlig anderen Themenkomplexen...)

Sowas verunsichert und bringt mensch aus dem Konzept. Auch wenn mensch vorher das Gefühl hatte, völlig unvoreingenommen und ehrliche Antworten geben zu können, ist spätestens dann ein Punkt erreicht, wo sich die Frage stellt: "will ich dazu noch was sagen oder nicht ". In solchen Konfrontationen klar und selbstbestimmt zu bleiben, setzt viel Stärke und Souveränität voraus, die wir eben meistens in bedrohlichen Situationen nicht durchhalten können. Die einzige Alternative ist immer noch, die Aussage komplett zu verweigern und damit leider zumindest ein Ordnungsgeld (bis zu 1000,00 Mack) und im schlimmsten Fall Beugehaft (bis zu 6 Monaten) zu riskieren.

Ihr solltet dabei im Auge behalten, daß diesen Zwangsmitteln ein längerer Weg vorausgeht, das heißt, ihr werdet nicht bei der ersten Aussageverweigerung in Beugehaft genommen. Dem muß immer ein Antrag der Staatsanwaltschaft beim Richter vorausgehen und ihr habt solange erstmal Zeit, euch mit anderen darüber auseinanderzusetzen, ob Ihr die Konsequenzen eurer Aussageverweigerung bis zum Schluß aushaltet oder eure Haltung verändern wollt.

Vorteil bei einer Aussageverweigerung ist, daß mensch sich nicht gleich beim ersten Verhör verstrickt, Sachen sagt, die mensch später nicht mehr zurücknehmen kann und mit einem Gefühl der totalen Überrumpelung aus dem Verhör /herausgeht. Eine grundsätzliche Aussageverweigerung ist "einfacher" durchzuhalten, als sich bei jeder Frage,schnell entscheiden zu müssen: "kann ich die Frage beantworten ohne mich und/oder andere zu gefährden oder nicht ". Unterschätzt nicht den Schaden, den ihr durch gemachte Aussagen in Euren eigenen Strukturen anrichten könnt."

Uns sind bisher nur Beugehaftverhängungen bekannt, die mit 129a-Verfahren zusammenhängen. Wir können die Möglichkeit, wegen einem Landfriedensbruchverfahren in Beugehaft zu kommen, nicht wegreden, es erscheint uns jedoch sehr unwahrscheinlich. (...)" Zur Androhung von Beugehaft kommt es öfters. Verhängt wird sie eher selten. Das mag daran liegen, daß die Androhung als Druckmittel ausreicht, um von den jeweiligen Personen Aussagen zu erzwingen. Darüber wird leider selten öffentlich berichtet.

Einschätzung insgesamt

Wir finden die Aktionskette durchaus gelungen und angesichts der Lethargie und Negativbilanzen der letzten Jahre (Repression zu Kaindl, Abtauchenmüssen dreier Männer, die im Zusammenhang mit der geplanten Sprengung des Abschiebeknastes Grünau gesucht werden) ziemlich aufbauend. Sowohl auf der legalen Ebene, als auch klandestin zu dem Thema gearbeitet. Im vorangegangenen Artikel: "Leben online" wird auf die Bedeutung der Einführung der Asylcard und deren geplanter Funktion eingegangen. Wir empfehlen diesen Artikel als globalere Ergänzung zur Einschätzung der Bedrohung durch die neuen Technologien. Chipkarten werden überall eingeführt. Selbst SORAT gibt es nicht nur, in Berlin. Es wäre eine schöne Vorstellung, wenn sich die Angriffe auf diesen Moloch in andere Regionen ausbreiten würden.

Inzwischen ist das Asylbewerberleistungsgesetz wieder verschärft worden (6.2.98). Der Bundesrat hat beschlossen die Sozialgelder für Flüchtlinge mit Duldungsstatus ganz zu streichen. Wenn dieses Gesetz auch den Bundestag passiert hat, wird für hunderttausende von Flüchtlingen nur noch die Alternative des freiwilligen Ausreisens oder eines Lebens in Verelendung und Illegalisierung bestehen. Kämpfe gegen Sachleistungen und Warengutscheine der Sozialämter, wird dann die 'nächste Klasse', die noch in den 'Genuß' von sozialen Leistungen kommt, führen müssen. Überlegt euch, wie die Durchsetzung des neuen Gesetzes gekippt werden kann!! Es reicht schon lange! Bezieht euch in euren Aktionen aufeinander, egal ab legale Proteste oder illegale Aktion!

Feuer frei auf ....!!!

Kein Mensch ist illegal!!!

Quellen:


Die SORAT-Kette

"In Berlin betreibt SORAT mehrere Obdachlosen-, Flüchtlings und Aussiedlerheime. SORAT, einer der großen der Asylindustrie, die durch die durch die Privatisierung der Flüchtlingsunterkünfte geschaffen wurde Aus jedem Heimplatz und sei er noch so menschenunwürdig, schlägt $ORAT einen staatlichen Profit, finanziert von Senat und Bezirksämtern. "(Autonome Gruppen, in ihrer Erklärung)

1986 gründete Helmut Prenz die SORAT-Wohnheime GmbH und stieß damit in den Berliner Markt für Flüchtlingsunterbringung vor. Nur drei Jahre später konnte Prenz mit den von Sozialämtern kassierten Geldern die SORAT-Hotelkette gründen und in der Folgezeit bundesweit ausbauen. Mittlerweile gehören dazu 13 Hotels der gehobenen Mittelklasse, davon fünf in Berlin, sowie die Lunchbox am Potsdamer Platz in der Infobox. Die anderen befinden sich in Cottbus, Düsseldorf, Erfurt, Görlitz, Marburg, Regensburg, Lutherstadt/Wittenberg und Brandenburg an der Havel.

Zusammen mit dem Spekulanten Dietrich Garski (bekannt durch einen 100-Millionen Bankrott in den 80ern, durch den er den damaligen Senat zum Absturz brachte) gründete Penz die PEGA-Bau mit Sitz in der SORAT-Zentrale. Offiziell steht dafür Claudia Garski, während Dietrich mit einem kleinem mit einem kleinen nicht pfändbaren Angestelltengehalt sein Diesem fristet Für 'Sauberkeit und Ordnung' in den Hotels, Heimen und Magazinen sorgt dann noch das ebenfalls zur SORAT-Kette gehörende Wachschutz- und Gebäudereigungsunternehmen BOSS, sowie MIXX-Geschiäfte, das Erholungsgelände Helensee bei Frankfurt/Oder, in Brandenburg die PEWOBE GmbH, die ihre Profite aus einer Mischung von dem Betrieb von Flüchtlingsheimen, Jugendprojekten u.a. für rechte Jugendliche (Frankfurt/Oder, Eisenhüttenstadt) und Altkleidersammlungen macht.

Infos zu Sorat und ihren Machenschaften gibt es auch im Internet, Einfach Sorat in die Suchmaschine eingeben. Es sollte euch dabei bewußt sein, daß nachvollziehbar ist, welche Seite ihr euch im Internet anguckt Zeitung lesen ist anonymer!